Auf Einladung der BN-Ortsgruppe Nördlingen kam der mehrfache Umweltpreisträger Manuel Philipp ins Ries. Im gut gefüllten Saal des Rieskratermuseums referierte der Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Paten der Nacht kurzweilig und laienverständlich zum Thema Lichtverschmutzung.
Unter diesem Begriff versteht man die Aufhellung der Nacht durch künstlich erzeugtes Licht. Der Mensch hat seit jeher den Wunsch, alles hell zu beleuchten, da ihm dies ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Die geringen Kosten führen jedoch oft zu einer Überbeleuchtung. Wenn diese zudem nicht effizient nach unten ausgerichtet ist, strahlt ein Teil des Lichts in den Nachthimmel hinauf – Folge ist eine sogenannte Fehlbeleuchtung.
Dazu kommt, dass das in den Himmel ausgestrahlte Licht durch in der Luft schwebende Partikel gestoppt und wieder Richtung Erde zurückgeschickt wird. Es bilden sich sogenannte Lichtglocken, die - je nach Größe der Siedlung - eine riesige Aufhellung der Nacht bewirken können. Die Lichtglocke von München beträgt 100 Kilometer, die von New York sogar 800 Kilometer. Da sich die Lichtglocken verschiedener Gebiete sogar überlagern, gibt es mittlerweile nirgends auf der Welt mehr eine natürlich dunkle Nacht.
Deshalb hat der Physiker und Hobbyastronom 2017 den Sternenpark Winkelmoosalm gegründet. Dieser weist keine eigene nächtliche Beleuchtung auf, wird jedoch durch Lichtverschmutzung von außen ein Stück weit erhellt.
Im weiteren Verlauf beschreibt Philipp die Folgen der Lichtverschmutzung wie beispielsweise den visuellen Verlust des nächtlichen Sternenhimmels: Von den 6.000 Sternen, die am Nachthimmel eigentlich mit bloßem Auge zu erkennen sind, können in München nur 150 Sterne gesehen werden. In New York ist dies gar nicht mehr möglich.
Falsche Beleuchtung nach oben führt außerdem zu einer enormen Energieverschwendung. Rund ein Drittel des gesamten abgestrahlten Lichtes ist aufgrund Fehlbeleuchtung überflüssig und könnte, so der Fachmann, ohne irgendeine Konsequenz eingespart werden.
Besonders Lebewesen sind von der exzessiven nächtlichen Beleuchtung betroffen. Aufgrund des gestörten Hell-Dunkel-Rhythmus finden sie keinen erholsamen Schlaf mehr, sondern leiden unter einem erhöhten Stoffwechsel mit allen Konsequenzen.
Aufgrund all dieser Auswirkungen stellt der Lichtexperte die Frage: „Warum machen wir nicht einfach auch draußen das Licht aus, wenn wir ins Bett gehen – so wie wir es drinnen tun?“
An einer Lichtleiste demonstriert er anschließend die Helligkeit als Maßeinheit des Lichts: Sie wird als Beleuchtungsstärke in Lux angegeben, wobei ein Lux etwa fünf Vollmonden entspricht. In einem Wohngebiet beträgt die übliche Beleuchtung etwa 15 Lux – es wird also quasi mit 75 Vollmonden beleuchtet! Philipp fordert hier die Reduzierung auf ein Lux.
Eine weitere Kennzahl des Lichts ist die Farbtemperatur, die in Kelvin gemessen wird. Dabei gilt: Je höher der Wert, desto mehr Blaulichtanteil hat das Licht. Es verändert sich von warmweiß unter 3.000 Kelvin hin zu kaltweißem Licht mit über 6.500 Kelvin. Auf letzteres reagiert das Auge überempfindlich.
LED-Lampen, die oft als die Lösung angepriesen werden, verfügen über einen hohen Blau-Anteil im Licht. Dieser führt aber zu einer stärkeren Blendwirkung und erhöht die Lichtglockenbildung. Insekten fühlen sich zudem von blauen Lichtquellen besonders angezogen und umfliegen diese bis zum Erschöpfungstod.
An einer gewöhnlichen Kellerlampe zeigt der Experte, dass aufgrund des oben offenen Lampenschirms ein Großteil des Lichts verschwendet wird. Als mögliche Lösung bietet sich hier eine LED-Reflektorlampe an, die nach oben abgeschirmt ist und aufgrund eines eingebauten inneren Reflektors das Licht nach unten lenkt. Dadurch gibt es keine Blendung mehr und der Energieverbrauch reduziert sich um 75 Prozent.
Immer wieder stellt Philipp in seinem Vortrag die Frage nach dem Sinn einer dauerhaften Beleuchtung der Nacht. Nur ein Viertel der deutschen Kommunen verzichtet darauf, obwohl es kein Gesetz für nächtliche Straßenbeleuchtung gibt. Auch die Beleuchtung von Denkmälern und Kirchen prangert er an, da diese oft von unten nach oben erfolgt und damit zur Aufhellung des Nachthimmels beiträgt. Seit 2019 gibt es mittlerweile ein Gesetz, das die Kirchenbeleuchtung nur bis 23 Uhr erlaubt. Eine wesentliche Reduktion der Lichtverschmutzung kann aber – da gibt sich der Fachmann realistisch – nur mit weiteren gesetzlichen Regelungen gelingen.
Im Laufe seines Vortrags stellt er sechs Kriterien für schonende Außenbeleuchtung auf. - Zum einen geht es um die Intensität: Muss das Licht wirklich so hell sein?
- Die Ausrichtung des Lichts nach unten ist ebenso wichtig wie die Farbe. Möglichst gelbliche Töne sind die richtige Wahl.
- Ein weiterer Faktor ist die Montagehöhe des Lichts. Hier bietet sich großes Einsparpotenzial bezüglich der Energie, beispielsweise bei Straßenlaternen. Zur Erreichung der gleichen Helligkeit am Boden ist bei halber Höhe nur ein Viertel der Leistung nötig.
- Bei der Dauer geht es darum, den Einsatz von Lichtquellen zeitlich einzugrenzen, beispielsweise mithilfe von gut eingestellten Bewegungsmeldern.
- Das eigentlich wichtigste Kriterium ist aber die Notwendigkeit: Der Einsatz von Licht sollte nur erfolgen, wenn dies wirklich erforderlich ist. So sollten zum Beispiel Natur- und Wasserflächen grundsätzlich nicht beleuchtet werden.
Philipp verweist dabei auf den Mond. Dieser könne als Vorbild dienen: Er scheint schwach, nach unten ausgerichtet und ohne Blendung.
Um das Bewusstsein in der Bevölkerung zu erhöhen, hat Philipp mittlerweile zwei Mitmachprojekte ins Leben gerufen: Speziell an Firmen richtet sich das Projekt „22 Uhr“. Diese sollen freiwillig um spätestens 22 Uhr ihre Leuchtflächen ausschalten und erhalten dafür ein Umweltschutz-Zertifikat.
Gemäß dem Motto „Licht aus – Nacht an“ wird an der Aktion „Earth Night“, die alljährlich im September stattfindet, eine ganze Nacht lang das Licht ausgeschaltet. Heuer hat sich erstmals auch die Ortsgruppe Nördlingen daran beteiligt, es nehmen aber auch Großstädte wie Regensburg, Nürnberg, Würzburg und München teil. Ein großes Ziel von Manuel Philipp ist die internationale Ausweitung der Earth Night. „Meine große Vision ist es, dass sich auch New York an der Earth Night beteiligt und man dann dort die Milchstraße sehen kann“, so der Lichtexperte.
Der abschließende langanhaltende Applaus zeigt: Die Zuhörer trauen es ihm zu.
|