BN beprobt Kräuter aus privaten Nutzgärten
Nachdem wieder ein Fall bekannt wurde, dass ein Biolandwirt im Landkreis seine Ernte aufgrund von Schadstoffeinträgen nicht mehr als Bioware vermarkten konnte, wollte die Kreisgruppe Donau-Ries des Bund Naturschutz das genauer wissen. Sie hat in diesem und im vergangenen Jahr Küchenkräuter aus Privatgärten auf mögliche Pestizideinträge von einem Labor untersuchen lassen. „Uns hat interessiert, ob es Pestizide auch in die Privatgärten schaffen,“ so Alexander Helber, Vorsitzender der Kreisgruppe Donau-Ries des Bund Naturschutz.
Was kam heraus? Zunächst die gute Nachricht: Bei allen Kräuterproben waren die Ergebnisse so, dass sie laut deutscher Lebensmittelkontrolle als gesundheitlich unbedenklich hätten verzehrt werden können. Andererseits konnten in zehn von elf Proben Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen werden – wenn auch in geringer Menge. Acht von elf Proben enthielten mehrere Wirkstoffe. Nur eine Probe war rückstandsfrei.
Die gefundenen Schadstoffe sind allesamt chemisch hergestellte Herbizide, also Wirkstoffe gegen Unkraut aus der konventionellen Landwirtschaft. Diese Substanzen töten unerwünschte Pflanzen ab oder lassen sie gar nicht erst aufgehen. Im vergangenen Jahr wurden die Wirkstoffe Prosulfocarb, Terbuthylazin und dessen Abbauprodukt Desethylterbuthylazin nachgewiesen.
Dies beschäftigte die Naturschützer, weshalb heuer fünf weitere Proben zur Analyse eingereicht wurden. Wieder wurden die oben genannten Mittel gefunden, in einer Probe zusätzlich Chloridazon und dessen Abbauprodukt Chloridazondesphenyl. Keine Probe ist dieses Mal gänzlich unbelastet.
Laut Labor entsprachen alle Proben trotz der gefundenen Schadstoffe den rechtlichen Vorgaben zur Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln. Zudem erfüllten sie die vom Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. (BNN) festgelegten Vorgaben für Bioprodukte.
Als zertifizierter Biolandwirt hätte man sie also als Bioware vermarkten dürfen, vorausgesetzt der Händler ist mit der „geringfügigen Kontamination“ einverstanden. Dies ist gerade bei Verarbeitern von Säuglingsnahrung nicht immer der Fall, da sie eigene Richtwerte festlegen können. Im schlimmsten Fall bleibt der Biolandwirt auf seiner Ware sitzen oder kann sie nur mit erheblichen Ertragseinbußen als konventionelle Ware verkaufen.
Die Frage, wie die Pflanzenschutzmittel auf bzw. in die beprobten Kräuter kommen konnten, bleibt offen. Wurden sie über sog. Abdrift herantrans-portiert, die entsteht, wenn bei zu starkem Wind oder zu hohen Temperaturen gespritzt wird, oder ist der Eintrag über das Regenwasser erfolgt? Dies lässt sich nicht abschließend klären. „Was uns Sorgen macht, ist, dass wir nicht vorhersagen können, wo und wann übermäßige Schadstoffeinträge stattfinden“, kommentiert Helber die Ergebnisse.
Der Bund Naturschutz sieht die Verantwortung in der Poliktik und der Gesetzgebung, nicht beim einzelnen Landwirt. Er fordert weitere Untersuchungen von offizieller Seite. So müssten die Zulassungskriterien zur Prüfung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln dringend verschärft werden. „Zudem“, so Helber weiter, „sollte die Biolandwirtschaft und pestizidfreie Anbaumethoden stärker gefördert werden. Leicht flüchtige Stoffe wie z. B. Prosulfocarb verboten werden, um auch Biolandwirte zu schützen. Terbuthylazin, das zur Unkrautbekämpfung im Maisanbau verwendet wird, ist im Grundwasser schon lange nachweisbar und baut sich nur sehr langsam dort ab. In Frankreich ist der Wirkstoff bereits verboten.“ In den Kräuterproben der Kreisgruppe war dieser Wirkstoff in zehn von elf Proben nachweisbar.
Die Freude am eigenen Garten, so sind sich die Naturschützer dennoch einig, sollte sich trotz dieser Ergebnisse keiner nehmen lassen. Wer in seinem eigenen Garten auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet und beim Einkauf zu Lebensmitteln greift, welche ohne Chemie angebaut wurden, hat schon eine Menge im Rahmen der eigenen Möglichkeiten getan.