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Riedwiese ist nicht gleich Riedwiese

Wiesen setzen sich aus verschiedensten pflanzensoziologischen Gesellschaften zusammen, je nach Höhenlage, Bodenfeuchte, Nährstoffen und pH-Wert des Bodens. Neben diesen „natürlichen“ Faktoren hat mittelweile die menschliche Nutzung (Düngung und Mahd) den größten Einfluss auf den Zustand bzw. die Artenzusammensetzung des Grünlands. Bei dem meisten Grünland in Mitteleuropa handelt es sich um ein sogenanntes anthropogenes (menschengemachtes) Grünland. Hier ist das Grünland auf der Fläche lediglich eine Ersatzgesellschaft; d.h. der Baumwuchs ist durch Nutzung unterdrückt.

Das Gegenteil ist das sog. natürliche Grünland. Diese Flächen sind primär nicht waldfähig. Beispiele dafür sind Rasengesellschaften oberhalb der Waldgrenze, echte Trockenrasen auf sehr flachgründigen, trockenen Böden oder zu nasse Standorte wie Moore, Röhrichte und Großseggenrieder.

Das Mertinger Ried ist durch Entwässerung und Torfabbau (Moorentstehung und Torfabbau) unwiederbringlich in seiner Gestalt verändert worden. Aus der offenen Niedermoorlandschaft mit seinen Röhrichten und Seggenriedern ist eine Landschaft mit Nassgrünland, Streuwiesen und Feuchtgehölzen geworden, welche ihrerseits sehr wertvoll ist (Gefährdete Lebensräume in der Höll). Das Paradoxe ist:  Primär durch den Menschen entstanden, kann die jetzige Gestalt des Mertinger Rieds auch nur mit seiner Hilfe erhalten werden und zwar durch eine schonende, extensive Pflege/Nutzung (Düngeverzicht und ein- bis zweischürige Mahd). Durch diese Nutzung kann man grob folgende extensive Wiesentypen (pflanzensoziologische Klasse Molinio-Arrhenatheretea) im Ried unterscheiden:

  • Streuwiese (Verband Molinion, Feuchtwiese nährstoffarmer Standorte, Pfeifengras-Streuwiesen)
  • Feuchtwiese (Verband Calthion, Feuchtwiesen -+ nährstoffreicher Feuchtwiesen)
  • Magere Flachland-Mähwiese (Verband Arrhenatherion, Glatthaferwiesen)

Werden die Wiesen viel gedüngt (Stickstoff) und mehr als zweimal im Jahr - oft bis zu viermal - gemäht spricht man von einer intensiven Nutzung. Das hat zur Folge, dass die Wiesen immer arten- und blütenärmer werden und führt zur einer Dominanz weniger Arten v.a. Wirtschaftsgräsern bzw. zu sog. „Grasäckern“:

  • Intensive Wiesen

Extensive Riedwiese

Eine extensive Wiesenbewirtschaftung bedeutet, dass nicht oder wenig gedüngt (max. Festmist) und maximal zweimal im Jahr gemäht wird. Der erste Mahdtermin sollte, je nachdem welche Arten gefördert werden sollen, nicht vor dem ersten Juni erfolgen. Durch diese Bewirtschaftung sind die  Wiesen sehr blüten- und artenreich. Da viele Insekten, bspw. Schmetterlinge und Solitärbienen, an bestimmte Futter- und Pollenpflanzen gebunden sind, ist das Insektenvorkommen umso reicher, je reicher das Pflanzenvorkommen ist. Reiches Insektenvorkommen heißt auch viel Nahrung für bestimmte Vogelarten. Diese Kette lässt sich beliebig fortführen. Sehr viele an extensive Wiesen gebundene Arten sind gefährdet und stehen daher auf der Roten Liste.

Streuwiese (Pfeifengras-Streuwiese, Molinion)

Siehe Gefährdete Lebensräume in der Höllzur Entstehungsgeschichte der Streuwiesen.

  • Auf +/- nährstoffarmen Böden mit ton- oder torfreichem Untergrund
  • Wechselfeuchte bis wechselnasse Standorte
  • Einschürige (Spät)-Sommermahd
  • Keine Düngung

Charakterarten Molinion: Färberscharte (Serratula tinctoria), Lungenenzian (Gentiana pneumonathe), Teufelsabbiss (Succisa pratensis), Pfeifengras (Molinia caerulea), Pracht-Nelke (Dianthus superbus), Duftlauch (Allium suaveolens), Kümmel-Silge (Selinum carvifolia), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Grabenveilchen (Pumila persicifolia).


Feuchtwiese (Calthion)

  • Auf mehr oder weniger nährstoffreichen Böden
  • Dauerfeucht bis ständig nass
  • Durchnässte (luftarme) Böden
  • Meist zweischürige Mahd ab Mitte Juni bzw. einschürige Mahd im Hochsommer
  • Keine bis schwache Düngung (max. Festmist) 

Charakterarten Calthion: Kohldistel (Cirsium oleraceum), Bach-Nelkenwurz (Geum rivale), Schlangen-Knöterich (Polygonum bistorta), Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris), Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Sumpf-Vergissmeinnicht (Myosotis palustris), Wiesen-Segge (Carex nigra).


Magere Flachland-Mähwiese (Glatthaferwiese, Arrhenatherion)

  • Mäßig trocken bis frisch
  • Zweischürige Mahd ab Mitte Juni
  • Geringe bis schwache Düngung

Charakterarten Arrhenatherion: Margerite (Leucanthemum vulgare), Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), Wiesenstorchschnabel (Geranium pratense), Glatthafer (Arrhenatherum elatius), Große Bibernelle (Pimpinella major)


Intensive Wiese

Aus einer wie oben beschriebenen Feucht- bzw. mageren Flachland-Mähwiese ist durch eine intensive Nutzung eine sogenannte Intensivwiese entstanden. Durch starke Düngung und häufige  Mahd werden Pflanzenarten, die erst später im Jahr zur Samenreife kommen und sich nicht vegetativ fortpflanzen können, verdrängt. Sie sind einfach nicht konkurrenzfähig mit den stark wüchsigen und schnitttoleranten Arten der Wirtschaftswiesen, wie Deutsches Weidelgras (Lolium perenne), Wiesen-Lieschgras (Phleum pratense), Wiesenknäulgras (Dactylis glomerata), Weißklee (Trifolium repens). Intensivwiesen haben grundsätzlich eine wesentlich niedrigere Biodiversität als extensiv genutzte Wiesen. 

  • Feucht bis mäßig trocken
  • Drei- bis vierschürige Mahd bereits ab Mitte Mai
  • Starke Düngung